Antequera, das Herz Andalusiens

Die andalusische Stadt Antequera gehört zur Provinz Málaga und verfügt gegenwärtig über knapp 42.000 Einwohner. Da Antequera auf einer Durchschnittshöhe von 575 Meter liegt, ist sie touristisch bei weitem nicht so überlaufen wie die Küstenstädte Andalusiens, obwohl Antequera in der Geschichte Andalusiens eine bedeutende Rolle spielte und über sehr viele Sehenswürdigkeiten verfügt, nicht zuletzt deshalb, weil die Stadt im Zentrum der Großstädte Málaga, Córdoba, Granada und Sevilla liegt, also das Herz Andalusiens ausmacht, zumindest was das Straßennetz betrifft und hier auch das logistische Zentrum Andalusiens zu finden ist.
 
Da man bei Antequera die Dolmen Menga, Viera, El Romeral i la Peña de los Enamorados findet, wurde dieses Gebiet unter der Bezeichnung Sitio de los Dólmenes de Antequera von der Unesco in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Bedeutend ist auch dass die Stadt Antequera bereits 1883 das Zentrum der nationalistischen Bewegung Andalusiens wurde, was schließlich 1978 zur Autonomie Andalusiens führte. Antequera arbeitete aus diesem Grund auch darauf hin die Hauptstadt Andalusiens zu werden, konnte sich dann jedoch nicht gegenüber Sevilla durchsetzen.

Antequera, das Herz Andalusiens
Foto: Herbert Kårlin

Auch wenn Antequera bereits seit rund 6000 bewohnt ist, so kommt der Name der Stadt von der römischen Bezeichnung Anticaria, die während der arabischen Besetzung dann zu Antaquira wurde und sich nach der Reconquista schließlich in Antequera verwandelte. Direkt bei Antequera findet man auch die Landschaft El Torcal, die bekannt für seine außerordentlichen Formen an Kalkerhebungen bekannt ist und als eine der karstigsten Naturlandschaften Europas gilt.

Die Geschichte der Stadt Antequera
 
Das Stadtgebiet von Antequera wurde vermutlich erstmals gegen 2500 vor Christus bewohnt, wobei einige Archäologen jedoch auch von 4000 vor Christus sprechen, da die wenigen Funde aus dieser Zeit bisher keine klaren Aussagen zulassen. In der Tat handelt es sich bei den Funden um den Dolmen de Menga, den Dolmen de Viera und den Dolmen de El Romeral, sowie die Nekropolis von Alcaide.
 
Falls die Iberer, die Tartessos, die Phönizier und/oder die Karthager, die in anderen Orten in der Nähe von Antequera nachgewiesen werden können, in Antequera selbst eine Ansiedlung hatten, ist unbekannt, jedoch unwahrscheinlich da man im städtischen Raum keinerlei Spuren dieser Gruppen finden konnte. Alles deutet darauf hin dass sich, nach den Völkern der Steinzeit, erst die Römer in Antequera niederließen.
 
Gegen 300 vor Christus gründeten die Römer die Stadt Anticaria, das heutige Antequera, und entwickelten dort eine bedeutende Handelsstadt in der insbesondere das in der Gegend gewonnenen Olivenöl verkauft und verschifft wurde. Aus dieser Epoche findet man in Antequera heute noch die Ruinen der römischen Bäder und die Bronzeskulptur Efebo de Antequera, die gegen 100 nach Christus geschaffen wurde und heute im städtischen Museum betrachtet werden kann.
 
Als germanische Stämme die Römer aus Spanien vertrieben, zerstörten sie die Stadt Antequera vollkommen, so dass die Stadt erst wieder mit der Ankunft der arabischen Truppen ab 716 erneut aufgebaut wurde. Während der arabischen Zeit wurde Antequera als Medina Antakira bezeichnet und in das nasridische Königreich von Granada integriert. In dieser Zeit wurden die Reste der römischen Verteidigungsanlage wieder aufgebaut und es entstand die Alcazaba von Antequera, die noch heute besichtigt werden kann.
Fortsetzung folgt ...
 
Sehenswürdigkeiten in Antequera
 
Die Alcazaba in Antequera
Die Alcazaba in Antequera wurde von den Mauren auf den Ruinen der vorhergehenden römischen Festung erbaut und mit zwei Türmen versehen, einer davon der torre de homenaje (Bergfried). In welchem Jahr man mit dem Bau der Alcazaba begann, liegt bisher im Dunkeln, da sie erstmals im 11. Jahrhundert vom jüdischen Poeten Semuel ibn Nagrella schriftlich erwähnt wurde. Die Alcazaba in Antequera galt als nahezu uneinnehmbar und konnte von den spanischen Truppen während der Reconquista erst im Jahr 1410 eingenommen werden, allerdings erst nach einer Belagerung von fünf Monaten.
 
Das Real Colegiata de Santa María La Mayor in Antequera
Das Real Colegiata de Santa María La Mayor wurde im 16. Jahrhundert von Bischof Diego Ramírez de Villaescusa gegründet und gilt als die erste von Säulen getragenen Kirche in Andalusien. Für den Bau des Kollegiatstifts im Renaissancestil benötigte man 36 Jahre, wobei im Jahr 1535 auch Pedro del Campo, der Baumeister der Kathedrale in Mälaga am Bau der Real Colegiata beteiligt war, insbesondere an der Gestaltung des Innenraums, der die Form einer Basilika aufweist. Im Jahr 2019 wurden in der Real Colegiata de Santa María Teile der amerikanischen Serie Warrior Nun gedreht.
 
Das Convento de Madre de Dios de Monteagudo in Antequera
Das Convento de Madre de Dios de Monteagudo wurde zwar erst Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut, geht jedoch auf das Jahr 1520 zurück, als eine Gruppe an Mönchen des Augustinerordens nach Antequera kam und dort ein Kloster erbauten. Nach einem Brand, der nahezu das gesamte Kloster zerstörte, musste allerdings das Convento de Madre de Dios de Monteagudo nahezu von Grund auf neu aufgebaut werden. Das Kloster ist, mit seinem großen Innenhof und der Gartenanlage, relativ einfach gehalten, wenn man von der Klosterkirche absieht, da diese geradezu ein Musterbeispiel des andalusischen Barock ist.
 
Der Palacio Consistorial in Antequera
Der Palacio Consistoral, das heutige Rathaus in Antequera wurde im Jahr 1679 als Kloster erbaut, was man auch heute noch bei einer Besichtigung des Gebäudes deutlich erkennen kann, auch wenn die Fassade in den 50er Jahren der modernen Stadt Antequera angepasst wurde und in Neobarock erscheint. Sehr interessant sind der Innenhof des Palacio Consistoral, der noch bis zum Bau des Franziskanerklosters zurückreicht und die Ausschmückung einiger der Räume, wobei insbesondere die Malereien im Sitzungssaal des Jahres 1890 herausragend sind.
 
Die Iglesia de Santiago in Antequera
Die Iglesia de Santiago in Antequera wurde ab dem 16. Jahrhundert an der Stelle einer vorhergehenden Einsiedelei erbaut, auch wenn die Kirche ihr heutiges Aussehen erst im 18. Jahrhundert erhielt, als der Baumeister Cristóbal García die Fassade der Iglesia de Santiago schuf. Der Baumeister ließ sich hierbei vor allem von der indischen und der arabischen Architektur inspirieren. Den sehr beeindruckenden Kirchenschatz kann man heute in der Sakristei bewundern. Ein Kleinod der Iglesia de Santiago ist auch das Taufbecken mit einer achteckigen Kuppel in Rokoko.
 
Das Museo del Aceite in Antequera
Das Museo del Aceite in Antequera ist in der größten Olivenölkooperative weltweit untergebracht, die unter dem Namen Hojiblanca bekannt ist. Die Kooperative will mit diesem Museum die Geschichte der Herstellung von Olivenöl in Andalusien dokumentieren und stellt, unter anderem, zwei komplette Produktionsstätten aus dem 17. Jahrhundert und zwei vollständige Ölmühlen des 19. Jahrhunderts aus. Das Museo del Aceite in Antequera ist daher in der Lage, dank der sehr umfangreichen Sammlung, die Herstellung von Olivenöl des 17. Jahrhunderts bis heute zu verfolgen. Eine nicht komplette Sammlung an Gegenständen der Olivenherstellung des Olivenölmuseums geht bis zum 1. Jahrhundert zurück, als die Römer in Andalusien die Herstellung von Olivenöl perfektionierten.
 
Der Dolmen de Viera in Antequera
Der Dolmen de Viera befindet sich in der Zone Campo de los Túmulos in Antequera und wurde in der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Bei diesem Dolmen handelt es sich um einen typischen Korridordolmen im atlantischen Stil und richtet sich zum Sonnenaufgang. Der Dolmen de Viera wurde zwischen 3510 und 3020 vor Christus errichtet und ist in einem ausgezeichneten Zustand, da man hier auch kleine Grübchen, aber auch Reste von roter Farbe entdecken kann. Der Dolmen wurde im Jahr 1941 vollständig restauriert und erhielt dabei das heutige Aussehen, das vermutlich der ursprünglichen Gestaltung extrem nahe kommt. Um die Erhaltung des Dolmen de Viera langfristig zu garantieren, wurden letztmals im Jahr 2004 entsprechende Arbeiten unternommen.
 
Der Arco de los Gigantes in Antequera
Auch wenn viele Besucher Antequeras den Arco de los Gigantes, auf Grund der lateinischen Inschriften, den Römern zuordnen, so wurde dieses Tor erst im Jahr 1585 erbaut. Der Torbogen entspricht damit der Spätrenaissance, ist jedoch eine historische Brücke, die von der Epoche der Römer, über das arabische Reich bis zum katholischen Andalusien führt. Der Grundgedanke beim Bau des Arco de los Gigantes war ein Tor zu schaffen das einen römischen Triumphbogen darstellt, an der Stelle an der ursprünglich ein maurischen Tor stand. Am Kranzgesims des Arco de los Gigantes kann man noch die Reste einer Skulptur von Hercules entdecken, was dem Tor auch den zweiten Namen Arco de Hércules gab.
 
Das Castillo de Jévar in Antequera
Das Castillo de Jévar in Antequera ist eine relativ kleine Festung in Antequera die bereits zur arabischen Zeit Andalusiens die Stadt vor Angriffen schützen sollte, weshalb dieses Castillo auch in einen Verteidigungsgürtel um Antequera integriert war. Als die Truppen des spanischen Königs Juan II. im Jahr 1410 den äußeren Gürtel der Stadt einnahmen, zogen sich die arabischen Verteidiger in den Hauptturm des Castillo de Jévar zurück, von wo aus sie den spanischen Gruppen großen Schaden zufügten und die Angreifer letztendlich auch zur Flucht zwangen. Die Kämpfe um die Stadt Antequera sollten, dank des Castillo de Jévar rund 30 Jahre dauern bevor Antequera ganz vom spanischen König eingenommen werden konnte.
 
Die Villa romana de la Estación in Antequera
Die Villa romana de la Estación in Antequera wurde vom 1. Jahrhundert bis Ende des 4. Jahrhunderts bewohnt und entsprach einer Luxusvilla jener Zeit, die von bedeutenden Personen erbaut wurde. Dies erklärt auch warum die Villa romana de la Estación an einer Kreuzung mehrerer römischer Straßen lag und von hier aus der Verkehr überwacht werden konnte. Allerdings war diese Villa nur ein semi-urbaner Bau jener Epoche, da es sich einerseits um einen Nobelbau handelte, zum anderen aber auch um ein Gut das das Zentrum für jede landwirtschaftliche Aktivität jenes Gebietes war. Da die Villa mit seinen Nebenbauten, Bädern und anderem mehr eine Fläche von 20.000 Quadratmeter umfasste, wurde bis heute nur etwa ein Fünftel der römischen Villa ausgegraben.
 
Fortsetzung folgt ...
 
Gastronomische Spezialitäten in Antequera
 
Bei Hauptgerichten denkt man in Antequera insbesondere an Wild das in der Umgebung der Stadt zur jeweiligen Jahreszeit gejagt wird. Die Hauptgerichte der Stadt entsprechen daher weitgehend der allgemeinen Küche des andalusischen Hinterlandes. Wer daher typische Gerichte aus Antequera sucht, sollte beim Frühstück beginnen und nach einem mollete de Antequera greifen, einem Brot, das mit Olivenöl mit Salz oder Zucker gegessen wird und eine sehr lange Geschichte hat. Bei einer Vorspeise kann man porra antequerana versuchen, eine kalte Suppe mit Tomaten, einem bestimmten Brot aus Antequera, Paprika, Knoblauch und anderen Zutaten mehr. Als Nachspeise bietet die Stadt Antequera eine eigene Version von bienmesabe, eine Süßigkeit die bis zur maurischen Küche Andalusiens zurückreicht, also Eigelb, Honig, Mandeln und einige andere Zutaten enthält. Und zur Weihnachtszeit sollte man die mantecados aus Antequera nicht vergessen, ein Schmalzgebäck, das seit dem 19. Jahrhundert in Antequera hergestellt wird und zur Weihnachtszeit in ganz Spanien zu erhalten ist.
 
Handwerk und Kunsthandwerk in Antequera
 
Während alte Handwerke in Antequere, wie in vielen Städten Andalusiens, heute weitgehend verschwunden sind, so gibt es dennoch eine Ausnahme, denn noch heute werden in Antequera klassische, andalusische Möbel hergestellt, zum Teil noch nach alten Zeichnungen der früheren Schreinermeister der Stadt. Innerhalb des Kunsthandwerks ist Antequera vor allem für die Schmuckherstellung bekannt, die teilweise allerdings auch industrielle Dimensionen angenommen hat. Weiterhin werden in Antequera auch sehr viele Teppiche, Wandbehänge und Decken hergestellt, auch dies teilweise als Kunsthandwerk und teilweise auf industrielle Weise. Antequera gehört auch zu den wenigen Städten Andalusiens in denen noch Schulen existieren die alte, handwerkliche und kunsthandwerkliche Methoden weitergeben um alte Traditionen erhalten zu können.
 
Wir arbeiten permanent an diesen Seiten und werden bei Antequera die Fortsetzung der Geschichte veröffentlichen, aber auch alle bedeutenden Sehenswürdigkeiten, die wichtigsten Feste und die lokale Gastronomie hinzufügen, aber auch Ausflugsmöglichkeiten in andere Städte, die jeweils in den gleichen Provinzen liegen.